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as Erbrecht sagt deutlich, wenn ein Ehepartner stirbt, steht dem Hinterbliebenen mindestens ein Pflichtteil am Erbe zu. Der Ehepartner ist im gesetzlichen Erbrecht verankert. Doch wie sieht es mit dem Erbe bei Scheidung aus? Eine Scheidung lässt das gesetzliche Erbrecht komplett erlöschen. Nur wenn der Ex-Ehepartner in einem Testament oder Erbvertrag unabhängig vom Bestehen der Ehe bedacht wird, erhält er etwas von dem Erbe. Es ist wichtig, sich mit dem Erbrecht bei Scheidung auseinanderzusetzen, denn es kommt diesbezüglich immer wieder zu Auseinandersetzungen.

‍Erbrecht und Scheidung: Was ist zu beachten?

‍Caroline und Mark sind verheiratet. Beide haben demnach ein Ehegattenerbrecht. Solange ihre Ehe besteht, sind sie beide laut Erbrecht erbberechtigt, sollte einer der Ehepartner versterben. Das lässt sich in § 1931 BGB nachlesen. Dieses sogenannte Ehegattenerbrecht orientiert sich an der gesetzlichen Erbfolge. Mit der Scheidung entfällt ihr gesetzliches Erbrecht. Sie haben dann keinerlei Ansprüche auf den Nachlass. Das gesetzliche Erbrecht ihrer Kinder besteht, unabhängig davon, ob ihre Ehe besteht oder geschieden ist, unverändert fort. Sollten sich Caroline und Mark scheiden lassen, erlischt das Erbrecht. Das hat ganz praktische Gründe. Sollte Mark beispielsweise anschließend drei weitere Male heiraten und sich wieder scheiden lassen, hätten alle Ex-Ehefrauen und die derzeitige Ehefrau ein Anrecht auf das Erbe. Ob dies gerecht oder ungerecht ist, sei dahingestellt. Auf jeden Fall würde solch ein Recht vieles verkomplizieren.

Siehe auch die Infografik am unteren Ende des Artikels.

‍Erben bei Scheidung: Zu welchem Zeitpunkt entfällt das gesetzliche Erbrecht?

‍Das gesetzliche Erbrecht erlischt nicht erst mit der rechtskräftigen Scheidung. Rechtskräftig würde in diesem Zusammenhang bedeuten, dass beide Eheleute im Rahmen des Scheidungstermins auf Rechtsmittel verzichten. Rechtskräftig kann auch bedeuten, dass die Eheleute innerhalb einer Frist von einem Kalendermonat nach Zustellung des Scheidungsbeschlusses keinerlei Rechtsmittel mehr einlegen.

Stattdessen entfällt das gesetzliche Erbrecht bereits nach dem Scheidungsantrag. Konkret heißt dies: Das gesetzliche Erbrecht erlischt, wenn ein Partner den Scheidungsantrag eingereicht hat und der jetzt verstorbene Ehepartner diesem vorher zugestimmt hatte. Es erlischt auch, wenn der verstorbene Ehepartner vor dem Tod die Scheidung beantragt hatte und der Scheidungsantrag bei dem Familiengericht rechtshängig vorliegt. Der Gesetzgeber sieht in beiden Fällen eine Scheidung vorliegen, obgleich sie noch nicht komplett vollzogen ist und bis zur Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses fortbesteht. Kurzum: Ein Erben nach Scheidungsantrag im oben genannten Sinne und nach dem gesetzlichen Erbrecht ist nicht mehr möglich.

‍Scheidungsantrag rechtshängig: Was bedeutet das?

‍Das gesetzliche Erbrecht für den Ehepartner greift nicht mehr, wenn der Scheidungsantrag rechtshängig wurde. Die Rechtshängigkeit ist somit von großer Bedeutung. Es reicht nicht aus, dass ein Partner einen Anwalt mit dem Scheidungsantrag beauftragt hat. Doch was steckt eigentlich hinter dem Wort Rechtshängigkeit? Wann ist ein Scheidungsantrag rechtshängig?  Sobald die Gebührenrechnung der Gerichtskasse bezahlt wird und das zuständige Gericht den Antrag dem Partner förmlich zugestellt hat, spricht man von einer Rechtshängigkeit. Bevor die Zustellung erfolgte, ist der Scheidungsantrag lediglich bei Gericht anhängig. Ist dies der Fall, nimmt der Antrag keinen Einfluss auf das Ehegattenerbrecht.

‍Ehepartner verstirbt vor Rechtshängigkeit: Was jetzt?

‍Das Erben bei Scheidung kann sich in der Grauzone bewegen, wie dieses Beispiel zeigt: Caroline beantragt die Scheidung. Bevor Mark dem Antrag zustimmen konnte, hat er einen tödlichen Autounfall. Jetzt besteht weiterhin das gesetzliche Erbrecht. Caroline erbt damit seine Immobilien in München, sein Vermögen auf der Bank und vieles mehr. Weitere Erben hat Mark nicht. Wäre der Scheidungsantrag bei seinem Tod bereits rechtshängig gewesen, hätte aufgrund des Fehlens von gesetzlichen oder testamentarischen Erben der Staat alles geerbt.

‍Erbrecht nach Scheidung: Habe ich noch ein Recht auf den gesetzlichen Pflichtteil?

‍Sind Caroline und Mark verheiratet, steht jedem Ehepartner ein gesetzlicher Pflichtteil zu, sollte der andere sterben. Auf diesen Pflichtteil kann der Hinterbliebene pochen, auch wenn der Verstorbene ihn im Testament enterbt und als Erbe eine andere Person eingesetzt hat. Der Pflichtteil bezieht sich allerdings stets auf den hinterbliebenen Ehepartner. Besteht keine Ehe mehr, besteht auch kein Pflichtteilsanspruch mehr. Der Ex-Ehepartner erbt nichts. Die Erbberechtigten müssen demnach das Erbe bei Scheidung nicht teilen.

‍Hinweis: Abgesehen von der Pflichtteilregelung darf selbstverständlich jeder seine Erben frei auswählen. So könnte beispielsweise Mark ein Testament bei der Scheidung aufsetzen lassen, indem seine geschiedene Frau Caroline berücksichtigt wird. Die Entscheidung obliegt ganz ihm.

‍Erbe nach Scheidung: Was passiert mit dem Unterhaltsanspruch?

‍Wie bereits erwähnt: Mit der Scheidung verliert der Ex-Ehepartner sein Ehegattenerbrecht. Allerdings behält er seine Unterhaltsansprüche, was in § 1586b BGB fixiert ist. Die Unterhaltspflicht gehört zu den sogenannten Nachlassverbindlichkeiten. Sie geht auf die Erben über. Diese müssen nun für den Ehegattenunterhalt sorgen.

Ziehen wir fĂĽr ein Beispiel wieder Caroline und Mark heran. Mark bezahlt an Caroline nach der Scheidung Unterhalt. Er verstirbt. Jetzt sind seine Erben in der Pflicht, ihr den Unterhalt zu zahlen.

‍Erbrecht und Scheidung: Was passiert bei einer aufgehobenen Ehe?

‍Wer geheiratet hat, obwohl er von einem gesetzlichen Aufhebungsgrund der Ehe wusste, dem wird das gesetzliche Erbrecht bei Aufhebung der Ehe durch den Gesetzgeber entzogen. Nachzulesen ist dies in § 1318 V BGB nachzulesen. Das klingt etwas kryptisch, aber lässt sich an einem Beispiel leicht erklären. Nehmen wir an, Caroline und Mark hätten eine Scheinehe geschlossen. Das taten sie, damit Mark als Ausländer ein Aufenthaltsrecht in Deutschland erhält. Caroline und Mark wussten natürlich, dass die Scheinehe verboten ist. Die Behörden erfahren von der Scheinehe und heben sie auf Antrag der Verwaltungsbehörde auf. In der Zwischenzeit hat Caroline einen tödlichen Unfall. Da die Antragsstellung bereits erfolgte, erbt Mark nichts von ihr. Sein gesetzliches Erbrecht ist mit der Antragstellung auf Aufhebung der Ehe erloschen.

‍Erben nach Scheidung: Darf ich meinen Ex-Ehepartner im Testament berücksichtigen?

‍Selbstverständlich! Gemäß § 1937 BGB besteht in Deutschland die Testierfreiheit. Demnach dürfen Sie die oder den Erben Ihrer Hinterlassenschaften frei auswählen. Sie können also ein Testament aufsetzen, indem Sie Ihren Ex-Ehepartner berücksichtigen. Dieser kann auch als Alleinerbe eingesetzt werden. Gibt es jedoch Pflichtteilberechtigte, erhalten diese ihren Pflichtteil, sofern sie diesen einfordern. Wer Zweifel in Rechtsfragen hat, sollte sich unbedingt an einen Anwalt oder Notar wenden. Nur auf diese Weise können Sie garantieren, dass Ihr letzter Wille tatsächlich gemäß Ihrer Wünsche erfolgt.

Obiges Konzept Erbe bei Scheidung hier auch als Infografik. Klicke auf den Lnk oder auf das Bild für einen großen PDF Anblick, und der Möglichkeit die infografik zu drucken. Hier finden Sie alle unsere Ratgeber Erbrecht Immobilien infografiken.

Infografik Erbrecht: Erbe Bei Scheidung
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Photo by Meghan Holmes on Unsplash

Publiziert am 
Apr 17, 2020
 in Kategorie:
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