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ie schön ist es doch, das Häuschen von Oma in München geschenkt zu bekommen oder eine monetäre Zuwendung von den Eltern zu erfahren. All dies und mehr gelten als Schenkungen. Doch es ist nicht immer eine einfache Sache, eine Schenkung als solche aus juristischer Perspektive zu bezeichnen. ​

Dies liegt daran, dass es einen Unterschied zwischen Schenkungen zu Lebzeiten gibt und solchen, die erst mit dem Todesfall eintreten. Nicht selten gibt ein künftiger Erblasser ein sogenanntes Schenkungsversprechen ab, dass die Schenkung nur eintritt, sollte der Erblasser früher sterben als der Beschenkte. Gilt nun das Erbrecht oder greifen Schenkungsbestimmungen?

Wann greift in der Regel das Schenkungsrecht?

Normalerweise gilt der Grundsatz: Erfolgt die Schenkung bereits vor dem Tod des Schenkenden, greift das Schenkungsrecht unter Lebenden. Sollte der Schenkende vor der Schenkung sterben, kann er im eigentlichen Sinne die Schenkung nicht mehr selbst vornehmen. Dann werden die Vorschriften des Erbrechts herangezogen. Sie sind im Bürgerlichen Gesetzbuch im Titel 4 Schenkung, §§ 516 ff zu finden.

Was ist ein Schenkungsversprechen?

Schenkungen finden sehr häufig statt, aber ein eigentliches Schenkungsversprechen ist selten. Zumeist handelt es sich bei den Schenkungen um sogenannte Handschenkungen. Dies bedeutet, dass der Schenkende seine Schenkung dem Betreffenden übergibt. Dieser nimmt sie an und die Schenkung ist abgeschlossen. Formalitäten sind nicht notwendig. Doch nicht immer kann eine Schenkung so einfach erfolgen. Sobald sehr große Vermögenswerte oder gar Immobilien übertragen werden sollen, ist ein direktes Überreichen der Schenkung nicht möglich. Aufgrund des Mehraufwandes entschließen sich einige Schenkende dazu, die Schenkung juristisch abzusichern. Vor der Schenkung erfolgt also ein Schenkungsversprechen. Dies ist ein Rechtsgeschäft, welches nur durch die Beurkundung eines Notars seine Gültigkeit erhält. In § 518 BGB gibt es dazu eine Formvorschrift.

Benötige ich immer eine notarielle Beurkundung für die Schenkung von großen Vermögenswerten?

Es ist ein wenig paradox: Das Schenkungsversprechen gilt als bedeutender Aspekt einer Schenkung – im Vorfeld. Ist die Schenkung vollzogen und beispielsweise bei einer Immobilienschenkung der Name des Beschenkten im Grundbuch eingetragen, wird das notariell beurkundete Schenkungsversprechen unwichtig. Ob es existiert oder nicht, ist nun nicht mehr von Bedeutung. Im Vorhinein ist das Schenkungsversprechen als Absicherung für den Beschenkten von Bedeutung. Ohne notarielle Beurkundung ist ein Schenkungsversprechen nicht verpflichtend. Die notarielle Beurkundung hat allerdings keinen Einfluss auf die Rechtsgültigkeit einer vollzogenen Schenkung.

Mit Köpfchen Vermögen durch Schenkung übertragen

Werden erhebliche Vermögenswerte wie Immobilien verschenkt, sollte dies von Anfang an richtig gemacht werden. Wer die feinen Unterscheidungen missachtet, tritt eventuell in Fallen: Ein Schenkungsversprechen ist nur gültig, wenn es dazu eine notarielle Beglaubigung gibt. Werden jedoch erbrechtliche Vorschriften angewendet, kann die Schenkung durch den Schenkenden sogar den erbvertraglichen Bestimmungen widersprechen. In der Praxis tritt dies häufig bei gegenseitigen Vereinbarungen unter Ehepartnern auf. Bei ihnen würde man nicht von einer Schenkung sprechen. Daraus kann sich eine fatale Konsequenz ergeben: Gibt es noch weitere Erben, könnten diese nun beginnen, die Schenkung herausklagen zu wollen. Größere Schenkungen sollten daher zwingend mit Datum und Unterschrift dokumentiert werden.

Inwiefern können Schenkungen Einfluss aufs Erbe nehmen?

Es kann sein, dass eine Schenkung zu Lebzeiten aufs Erbe angerechnet wird. Insbesondere unter Eltern und Kindern ist dieser Fall oft zu beobachten. Einige Eltern fördern einen der Sprösslinge bei dem Beginn der Selbständigkeit oder zahlen der alleinerziehenden Tochter einen Extra-Unterhalt. Wenn die Eltern sterben und diese Schenkungen beispielsweise durch Bankauszüge aufgedeckt werden, ist Streit unter den Geschwistern eine typische Konsequenz. Jetzt kann es sein, dass diese Schenkungen zu Lebzeiten auf das Erbe angerechnet werden. Ob und inwiefern dies stattfindet, hängt von diversen Faktoren ab.

Aufs Erbe anrechnen: Alles dreht sich um den Zweck der Schenkung

Die §§ 2050 ff. BGB legen fest, welche Umstände bestehen müssen, dass eine Ausgleichung an die anderen Geschwister erforderlich sein kann. Für die Anrechnung auf den Erbteil muss zuerst der Zweck festgestellt werden. Hier ein paar Beispiele:

  1. Aussteuer zur Hochzeit
  2. Starthilfe für die Selbstständigkeit
  3. regelmäßige Zuschüsse in Form von Unterhaltszahlungen während Praktika oder des Studiums

Bei Beispiel 1 und Beispiel 2 müssen an die Geschwister nur Ausgleichszahlungen erfolgen, wenn der Erblasser dies im Testament ausdrücklich erwähnt hat. Auf der anderen Seite kann auch im Testament verfügt werden, dass keine Ausgleichungen erfolgen sollen. Ähnliches zählt für Beispiel 3. Hier findet nur eine Anrechnung aufs Erbe statt, sollten die Zahlungen aufgrund der exorbitanten Höhe aus der Reihe fallen.

Wie lassen sich Rechtsstreitigkeiten durch Schenkungen vermeiden?

Schenkungen könnten so eine schöne Sache sein, wenn es keine Rechtsstreitigkeiten gäbe. Um diese zu reduzieren, ist eine schriftliche Dokumention über die Zuwendungen ratsam. Eine andere Option ist, im letzten Willen die Bestimmungen zur sogenannten Ausgleichspflicht einzupflegen.

Nicht selten probiert ein Erblasser, den Pflichtteil eines anderen Erben durch hohe Zuwendungen zu Lebzeiten an einen ausgewählten Erben zu minimieren. Dies funktioniert allerdings nicht immer. Immerhin gibt es den sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch. Die Schenkung bewahrt ihre Gültigkeit, aber das Geschenk wird in seinem Wert beurteilt und so zum Erbe hinzugerechnet. Kurzum: Es ergibt sich aufgrund der Schenkung ein erhöhter Pflichtteil.

Tipp: Es ist durchaus möglich, den Pflichtteil durch eine Schenkung zu reduzieren. Dafür ist jedoch der Zeitpunkt entscheidend. Erfolgt die Schenkung zu Lebzeiten lange Zeit vor dem Tod, kann diese den Pflichtteil nicht mehr erhöhen. Es gilt die Regel, dass die Schenkungssumme sich jedes Jahr um zehn Prozent verkleinert. Nach fünf Jahren ergibt sie nur noch ein Pflichtteilsanspruch auf 50 % des Wertes der Schenkung. Erfolgt die Schenkung zehn Jahre vor dem Erbfall, hat der Pflichtteilsberechtigte gar keinen Anspruch mehr auf die Schenkung.

Kann ich durch die Schenkung an Steuern sparen?

Erbrecht Infografik -  Steuerfreibeträge für Schenkungen
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Wie die oben erwähnten Ausführungen zeigen, ist Schenken keine leichte Angelegenheit – zumindest trifft dies zu, wenn es um beträchtliche Vermögenswerte geht. Es ist wichtig, die rechtliche Lage zu kennen und sich nicht rein von Emotionen leiten zu lassen. Wer dies tut, kann sich an der Freude des Beschenkten erfreuen, der nicht erst auf den Erbfall warten muss. Noch größer ist die Freude, wenn die Schenkung so intelligent getätigt wird, dass sich daraus eine Steuerersparnis ergibt. Beachtenswert ist nämlich, dass die Steuersätze für Schenkungen die gleichen sind wie für geerbte Vermögenswerte. Vermerkt sind sie im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG). In diesem sind die Steuerfreibeträge für Schenkungen aufgeführt. Sie können alle zehn Jahre aufs Neue Anwendung finden. Doch Achtung: Wie hoch der Steuerfreibetrag ist, hängt von dem Verwandtschaftsgrad zum Schenkenden ab.

Hier eine Infografik zum besseren Verständnis. Zum Vergrößern klicken Sie bitte auf das Bild oder laden die Infografik auf Ihren Computer herunter.

Ein Beispiel verdeutlicht die Möglichkeit, durch Schenkungen Steuern zu sparen: Jedes Elternteil kann alle zehn Jahre seinem Kind 400.000 Euro schenken, ohne dass darauf Steuern gezahlt werden müssen. Enkel dürfen steuerfrei 200.000 Euro empfangen. Am höchsten liegt der Freibetrag bei Ehepartner: 500.000 Euro alle zehn Jahre. Innerhalb der zehn Jahre werden alle Schenkungen eines Schenkers an den Begünstigten zusammengerechnet. Wer ein großes Vermögen besitzt und an seine Kinder steuerfrei weitergeben möchte, sollte somit bereits frühzeitig mit dem Schenken beginnen. Bei Sachwerten wie Immobilien ist dies etwas aufwendiger als bei Barvermögen. Eine Immobilienbewertung durch einen Makler kann erforderlich sein, um den Steuerfreibetrag durch die Immobilienschenkung nicht zu überschreiten. Ein Mehrfamilienhaus ließe sich beispielsweise aufteilen. Alle zehn Jahre bekäme das Kind eine weitere Wohnung daraus geschenkt.

Hinweis: Ist die Frist von zehn Jahren vor dem Erbfall nicht abgelaufen, muss auf den ausstehenden Betrag sowie auf das weitere Erbe die reguläre Erbschaftssteuer gezahlt werden.

Was sagt das Erbrecht: Ist eine Schenkung an die Enkel besser als ein Erbe?

Das hängt allein von den individuellen Umständen ab. Wie bereits erwähnt, können Enkel von ihren Großeltern alle zehn Jahre 200.000 Euro steuerfrei als Geschenk erhalten – in Sachwerten oder in Bargeld. Bei sehr vermögenden Familien kann es daher Sinn machen, schon frühzeitig Geld oder Sachwerte an die Enkel zu übertragen. Auf diese Weise spart das Enkelkind an teurer Schenkungssteuer.

Ein Beispiel: Ein vermögender Großvater aus München schenkt zur Geburt seines Enkels dem Neugeborenen 200.000 Euro. Nach Ablauf der Frist von zehn Jahren wiederholt er das Prozedere und weitere zehn Jahre später ebenfalls. Als der Enkel 32 Jahre alt ist, verstirbt sein Opa, der ihm 200.000 Euro vermacht. Dank der Schenkungen in den Vorjahren erhielt das Enkelkind insgesamt 800.000 Euro von seinem Großvater, ohne Erbschaft- oder Schenkungssteuer zu zahlen. Hätte der Opa dem Enkelkind erst mit seinem Tod 800.000 Euro vermacht, hätte sein Enkel auf 600.000 Euro Erbschaftsteuer zahlen müssen. Wer sich sicher ist, dass er seinem Enkelkind eine größere Summe Geld zukommen lassen möchte, greift gern zur Schenkung in regelmäßigen Abständen. Die Frage „Erben oder Schenkung“ hängt demnach entscheidend von den finanziellen Umständen und persönlichen Präferenzen ab.

Hinweis: Sollten die Eltern des Enkelkindes und damit die Kinder des Opas bereits tot sein, erhöht sich der Freibetrag des Enkels auf 400.000 Euro.

Schenkung an Ehegatten, um den Freibetrag fürs Enkelkind zu erhöhen

Die Freibeträge, von denen ein Kind oder Enkelkind profitiert, gelten für jeden Eltern- bzw. Großelternteil. Das heißt, dass Opa seinem Enkelkind 200.000 Euro steuerfrei schenken darf und Oma auch. Es passiert daher gar nicht so selten, dass diese Gestaltungsmöglichkeit genutzt wird, um Geld an der Steuer vorbeizuführen. Besitzt Opa beispielsweise auf seinem Konto 400.000 Euro und würde er diese gern seinem Enkel schenken, könnte er auf die Idee einer Kettenschenkung kommen. Das bedeutet, er schenkt seinem Enkel direkt 200.000 Euro. Die verbleibenden 200.000 Euro nehmen einen Umweg über seine Ehefrau. Opa schenkt seiner Frau 200.000 Euro. Das ist steuerfrei, da sie von einem Freibetrag von 500.000 Euro profitiert. Anschließend verschenkt Oma die 200.000 Euro an den Enkel. Der Fiskus kennt sich mit Steuertricks jedoch aus. Erkennt er eine Kettenschenkung, kann das Finanzamt dies anmahnen und dennoch Schenkungssteuer erheben. Um legal von diesem Trick zu profitieren, wäre es wichtig, dass Oma das Geld ein paar Jahre auf dem Konto lässt. Alternativ dazu müsste es wirtschaftlich vernünftige Gründe für die rasche Übertragung des Geldes geben, die das Finanzamt überzeugen.

Besser das Erbrecht oder eine Schenkung an Dritte nutzen?

Bei der Erbschaftsteuer greifen, wie bereits dargestellt, die gleichen Freibeträge wie bei einer Schenkung. Soll einer nicht-verwandten Person und damit an Dritte etwas geschenkt werden, fällt ab einem Schenkungswert von 20.000 Euro eine Schenkungssteuer an. Die Steuerbelastung auf die über den Freibetrag hinausgehende Summe beläuft sich auf 30 bis 50 %. So kann eine hohe Steuerlast entstehen, die sich ähnlich wie beim Fall mit dem Enkel, in eine Schenkung und zehn Jahre später in eine Erbschaft aufteilen ließe.

Erbrecht und Schenkung an Ehefrau richtig planen

Um Erbschaft- und Schenkungssteuer zu sparen, rechnen viele vermögende Ehepaare schon zu Lebzeiten hin und her. Es ist ratsam, frühzeitig das Vermögen aufzuteilen. Auf diese Weise wird verhindert, dass der eine vom anderen zu viel erbt und damit Erbschaftsteuer zahlt. Um das Vermögen aufzuteilen, gibt es zahlreiche Wege. Zum einen können regelmäßige Schenkungen zwischen den Ehepartnern stattfinden. Sollte beispielsweise der Ehemann deutlich mehr Geld verdienen, könnte er einen Teil des Geldes auf ein Gemeinschaftskonto oder das Konto der Frau überweisen. Eine weitere Alternative ist, dass bei Immobilien oder einem Grundstück beide ins Grundbuch eingetragen werden. Übrigens: Die Schenkungen an die Ehefrau können sehr üppig sein. Alle zehn Jahre kann sie steuerfrei 500.000 Euro von ihrem Ehemann erhalten.

In Deutschland wird besonders viel vererbt

Was für die Erben vorteilhaft ist, gefällt nicht jedem gleichermaßen. Ein Drittel des kompletten Privatvermögens von elf Billionen Euro wurde in Deutschland nicht erwirtschaftet, sondern “nur” vererbt und ist auf eine überschaubare Gruppe von Personen beschränkt. Dies führt natürlich automatisch zu einer ungleichen Verteilung des Privatvermögens, was manchen ein Dorn im Auge ist. Ob Erbschaften höher besteuert werden sollten, ist eine Frage, über die sich Juristen, Politiker und Privatpersonen immer wieder den Kopf zerbrechen. Es ist ein schwieriges Thema, auf das es keine einfache Antwort gibt.

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Photo by Joanna Kosinska on Unsplash

Publiziert am 
Jan 28, 2019
 in Kategorie:
Testament

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